Eingeklemmte Hände aus Bauschaum

Eingeklemmte Hände aus Bauschaum

Nach dem Reutlinger Stadtfest ist vor dem Übungsdienst: Bereits am Dienstag stand für die Abteilung Freiwillige Feuerwehr Stadtmitte der gewohnte Dienstbetrieb an, beide Löschzüge der Abteilung trainierten für den Ernstfall. Ein nicht alltägliches Übungsszenario fand dabei der Löschzug I vor, der sich der technischen Hilfeleistung widmete.

Herausforderndes gab es bei der technischen Hilfeleistung: So wurden verschiedene Unfälle mit eingeklemmten Fingern beziehungsweise Händen simuliert. Ein Finger etwa war in ein Loch in einem Metallblech stecken geblieben, eine Hand hatte sich in einem Dreirad eingeklemmt und eine weitere Hand steckte in einem Metallrahmen - vielleicht von einem alten Liegestuhls? - fest. Simuliert waren die Hände, bei denen es auf Anhieb kein vor und zurück gab, durch Gummi-Einweghandschuhe, die vorab platziert mit Bauschaum ausgefüllt wurden. Der Schaum kam an den Engstellen vorbei und verfestigte sich anschließend, sodass die Übungen ihren Lauf nehmen konnten. Höhepunkt war dabei eine Hand, die in einer alten Kuvertiermaschine der Deutschen Post zwischen die Walzen gezogen und eingeklemmt worden war. An den Plastikhänden waren jeweils Übungspuppen, wie sie etwa auch bei Brandeinsatzübungen genutzt werden, befestigt, sodass der Zugang zu den eingeklemmten Körperteilen nicht von allen Seiten problemlos möglich war. Wie im wahren Leben also. Ergänzend wurden einige Hände mit geschwollenen Fingern simuliert, die von einengenden Ringen befreit werden sollten.

Als Material standen den Feuerwehrleuten die Ausrüstung eines Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeuges der Abteilung Stadtmitte sowie das Kleineinsatzfahrzeug der Berufsfeuerwehr zur Verfügung. Kurze Zeit später schlugen Funken aus einem Raum, indem ein lebendes "Opfer" an einer Gummihand hing, die in einem Metallgestell eingeklemmt war. Mittels eines Dremels und einer Flex wurde die Schraube am Metallscharnier durchtrennt, um eine schonende Rettung zu ermöglichen. Besonders wichtig war es hierbei, die Person zu schützen, was durch eine vor das Gesicht und den Körper gehaltene Lederschürze und eine Schutzbrille erreicht wurde. Zusätzlich hielt eine Kutterschaufel den direkten Funkenflug von der Person fern und leitete diesen ab. Um auch eine Wärmeübertragung durch das Metall zu verhindern, wurde der Metallrahmen in der Nähe der eingeklemmten Hand mittels einer Kübelspritze gekühlt und die Hitzeentwicklung immer wieder kontrolliert. Als alternativen Lösungsweg sahen die Feuerwehrleute ein aufbohren der Befestigungsschrauben vor, was aufgrund der erwarteten Vibrationen aber nur im Notfall versucht worden wäre.

Die eingeklemmte Hand am Dreirad wurde durch eine zweite Gruppe befreit, wobei es hier ausreichte, die Verschraubung des Dreirades zu lösen und den Sitz und die Reifen abzumontieren, die das Gestell stabilisierten. Anschließend konnten die Rahmenstangen aufgebogen werden, um die Hand zu befreien. Zuvor waren die Stangen durch zwei Kanthölzer gegen ein seitliches Verschieben gesichert worden. Alternativ wäre an dieser Station der hydraulische Spreizer zum Zug gekommen, um das Gestänge aufzubiegen. Als weitere Herausforderung galt an dieser Station das Metallblech, in welcher ein Finger in einem Loch feststeckte. Eine kleine Lücke zwischen Finger und Blech erwies sich hier als Lösung des Problems: Durch dieses Loch gab es einen "Angriffsweg", von dort aus wurde das Blech mit einer einfachen Zange ringsherum aufgebogen, was den Finger letztlich schonend befreite. "Es war erstaunlich, wie leicht sich das Metallblech aufbiegen ließ", berichtete der Gruppenführer bei der Besprechung der Übung. "Eine normale Zange bringt uns hier um Welten weiter. Darum ging es in der Übung auch: Back to the basics, mit kleinem Gerät lässt sich oftmals schon viel machen - obwohl draußen ein ganzes Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug mit seiner großen Ausrüstung steht", lobte Zugführer Christian Wittel.

Die wohl größte Herausforderung bot die Kuvertiermaschine, bei der zunächst die Außenverkleidung abgeschraubt werden musste, um einen Einblick ins Innenleben zu ermöglichen. Anschließend konnten die Muttern der eingebauten Walzen gelöst werden, wobei sich diese erst lösen ließen, nachdem per Bolzenschneider ein Schutzbügel durchtrennt wurde. Dann konnte die Hand vorsichtig herausgezogen werden. Problematisch erwies sich hierbei vor allem die Stabilität der Maschine, die einen hohen Schwerpunkt hatte und zudem auf Rädern montiert war. Das bloße Festhalten erwies sich hier im Laufe der Übung als unzureichend, ein umfangreiches Unterbauen der Maschine mit Spanngurten wäre eine Alternative gewesen. Unter Umständen wäre an dieser Station auch das Rabbit-Tool hilfreich gewesen, weshalb dieses Gerät anschließend im Rahmen der Besprechung ebenfalls vorgestellt wurde, ebenso wie eine spezielle Zange, die sich zur sicheren Durchtrennung von Ringen eignet, die sich auf normalem Wege nicht mehr abnehmen lassen.

Der Löschzug II um Zugführer Wolfgang Popp beschäftigte sich unterdessen mit dem Vorgehen bei einem Brandeinsatz, wobei der Schwerpunkt auf dem Einsatz der Drehleiter und dem Legen einer Schlauchleitung durch ein Treppenhaus lag. In zwei Gruppen wurden beide Stationen nacheinander absolviert, wodurch die Grundlagen wiederholt wurden, ehe der Löschzug beim kommenden Pflichtdienst in einem Gebäude eine Einsatzübung absolviert. Sowohl die Drehleiter als auch der Angriff durch den Treppenraum wurden dabei am Schlauchturm der Feuerwache geübt, der mit seiner Fensterfassade und dem inneren Treppenraum gut für solche Übungen geeignet ist. Um die Übung realistisch zu absolvieren, wurden die Schläuche im Treppenraum auch von einem Löschfahrzeug aus mit Wasser gefüllt vorgenommen. In Sachen Gewicht und Handhabbarkeit liegen dabei Welten zwischen einem gefüllten und einem leeren Feuerwehrschlauch. Insgesamt wurde an den beiden Stationen mit der Drehleiter und zwei Löschfahrzeugen geübt.

Wie wichtig das regelmäßige Üben ist, zeigte sich gleich am gestrigen Mittwoch einmal mehr: Die Abteilung Freiwillige Feuerwehr Stadtmitte wurde zur Unterstützung der Berufsfeuerwehr zu zwei Einsätzen gerufen. Beim ersten Einsatz hatte eine automatische Brandmeldeanlage aufgrund eines technischen Defektes einen Alarm ausgelöst, ein Eingreifen der Feuerwehr war nicht erforderlich. Beim zweiten Einsatz handelte es sich um einen Kleinbrand in einem Schulgebäude.

Alexander Thomys


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