Von Roland Hauser
REUTLINGEN. Martin Ankele hat beim gestrigen Tag der Sicherheit in Reutlingen dazugelernt: Er weiß jetzt, wie man einen Menschen, dessen Kleidung Feuer gefangen hat, das Leben rettet. Beherzt wickelte er eine Löschdecke, wie sie in öffentlichen Gebäuden oder Großküchen vorhanden sind, um eine brennende Puppe und brachte so das Feuer zum Ersticken. Von den echten Flammen hat er »gar nichts gespürt«, was natürlich der Einsatzjacke und dem Schutzhelm zu verdanken war, mit dem ihn die Feuerwehrleute ausgestattet hatten.
Sicherheitstag Reutlingen 2015
Die Profis sprachen im Bürgerpark ganz gezielt Passanten an, ob sie sich nicht als Lebensretter versuchen wollten, und der Familienvater hatte sich trotz der lodernden Flammen spontan darauf eingelassen. Er habe es gut gemacht, lobten die Feuerwehrleute ihren Probanden, schon beim zweiten Anlauf habe er perfekt agiert – denn es komme darauf an, die Decke am Hals des brennenden Opfers so dicht zuzuziehen, dass keine Flammen mehr nach oben Richtung Gesicht und Haare schlagen und das Feuer mithilfe der Decke komplett erstickt wird.
Mutig eingreifen
»Notfall – was machst Du?« lautete das Motto des 16. Sicherheitstags, den die Reutlinger Hilfsorganisationen gemeinsam mit der Einzelhandelsinitiative »RT aktiv« und dem Stadtmarketing »StaRT« auf die Beine stellten. Und da passte der Löschkurs im Bürgerpark genauso ins Konzept wie zum Beispiel die Herz-Lungen-Wiederbelebung, die man beim DRK-Ortsverein am Tübinger Tor üben konnte.
Gerade habe sich eine Seniorin anhand der bereitliegenden Puppe »erklären lassen, wie das funktioniert«, erzählt Paul Mohl wenige Minuten später. Der Vorsitzende des DRK-Ortsvereins nutzte die Gunst der Stunde und versuchte die interessierte Dame für einen Kurs zu gewinnen, der sich speziell der »Ersten Hilfe für Senioren« widmet. Die Menschen zu motivieren, sie zu ermutigen, bei Notfällen helfend einzugreifen und idealerweise natürlich genau das Richtige zu tun, darum gehe es ja unter anderem beim Sicherheitstag, so Mohl.
Das Rote Kreuz samt der DRK-Rettungshundestaffel, Feuerwehr, Polizei, die Deutsche Lebens-Rettungsgesellschaft (DLRG), das Technische Hilfswerk (THW), die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser Hilfsdienst nutzen die willkommene Gelegenheit, mit Infoständen, Fahrzeugschauen und Vorführungen ihre Arbeit transparent zu machen und um Nachwuchs zu werben. In Kooperation mit der Initiative »fahRTfair« veranschaulichte der Reutlinger Ableger der Serviceorganisation »Round Table« im Spitalhof mithilfe eines Räum- und Streufahrzeugs der Technischen Betriebsdienste den »toten Winkel«, der es einem Lkw-Fahrer unmöglich macht, Kinder und andere Fußgänger im Seitenspiegel zu sehen, wenn sie in dieser Gefahrenzone stehen. Erfreulich dabei am Rande: Tatsächlich ist das »Testfahrzeug« mit so vielen Spiegeln ausgestattet, dass es praktisch keinen toten Winkel gibt – drei von vieren waren für den Demonstrationszweck aber abgeklebt.
Gefährlicher Rauch
Bei der Feuerwehr drehte sich gestern viel um die gefährliche Rauchentwicklung bei Bränden und den Sinn der mittlerweile in Baden-Württemberg für Schlafzimmer und Flure vorgeschriebenen Rauchmelder: »Zwei gute Atemzüge von Brandrauch reichen aus, damit ein Mensch stirbt«, erläuterte der stellvertretende Reutlinger Feuerwehrkommandant Adrian Röhrle bei einer der diversen Schau-Übungen auf dem Marktplatz. Und wer schläft, riecht nichts: »Die meisten bekommen es erst mit, wenn die Feuerwehr sie nach draußen bringt – sofern sie nicht schon zu viele Rauchgase eingeatmet haben.«
Auch wenn die kühlen Temperaturen dieses Jahr die von den Veranstaltern geschätzten 30 000 bis 35 000 Besucher des Sicherheitstags vermehrt in die warmen Geschäfte trieben – »wir haben den Kälteeinbruch deutlich gespürt«, resümierte Adrian Röhrle für die Hilfsorganisationen –, so sprachen bei einer kleinen Pressekonferenz gegen 16 Uhr doch alle Beteiligten von einer »Win-Win-Situation«. Edgar Lehman von »RT aktiv« hat »sehr viel fremdes Publikum wahrgenommen«, und das ist ja auch ein Ziel derartiger Aktionen: potenzielle Kunden von außerhalb in die Reutlinger Innenstadt oder das Industriegebiet West zu locken, das sich ebenfalls am Sicherheitstag beteiligte. »Ich denke, dass die Umsätze heute sehr, sehr gut sind«, freute sich Lehmann. (GEA)
Quelle: www.gea.de