Interkommunale Zusammenarbeit der Feuerwehren Reutlingen und Pfullingen
Reutlingens Oberbürgermeisterin Barbara Bosch und Pfullingens Bürgermeister Rudolf Heß unterzeichneten gestern eine Vereinbarung zur interkommunalen Zusammenarbeit der beiden Feuerwehren. Deren Einsatzkräfte bilden künftig einen gemeinsamen Gefahrstoffzug. Drei solcher Einheiten, die für den Umgang mit Gefahrstoffen speziell geübt und ausgerüstet sind, soll es künftig im Landkreis Reutlingen geben.
Zuletzt hatte die Freiwillige Feuerwehr Pfullingen am 10. Mai einen Gefahrstoffeinsatz zu meistern: Beim Brand einer technischen Anlage entwichen Lösungsmitteldämpfe - Vorsicht war geboten, nach dem Löscheinsatz mussten die Feuerwehrleute und das Material gereinigt - im Fachjargon "dekontaminiert" - und das verbrauchte Löschwasser aufgefangen und umweltschonend entsorgt werden. Eine Woche später waren die Metzinger Wehrmänner gefordert: Der Dieseltank eines Lasters war aufgerissen, rund 300 Liter Treibstoff liefen aus.
Zwei Beispiele die zeigen, dass es die Feuerwehren immer wieder mit Gefahrgut zu tun bekommen - von giftigen oder umweltschädlichen Chemikalien bis hin zu radioaktiven Materialien. "Gefahrstoffe sind heutzutage allgegenwärtig", betont Reutlingens Feuerwehrkommandant Harald Herrmann. Gefahrstoffeinsätze sind dabei eine besondere Herausforderung, da sie zu den personal- und materialintensivsten Einsätzen zählen. Ist etwa die Verwendung von Chemikalienschutzanzügen (CSA) notwendig, muss zugleich ein weiterer CSA-Trupp zur Sicherheit bereit stehen, zudem ein Dekontaminationsplatz zur Reinigung aufgebaut werden.
Schutzanzüge, Messgeräte, Umfüllpumpen - der Gefahrstoffeinsatz erfordert umfangreiches Fachwissen. Darauf haben die Wehren frühzeitig reagiert, so hat etwa die Feuerwehr Reutlingen 1992 eine Gefahrstoffeinheit gegründet, in der heute rund 30 Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr zusätzlich zum normalen Übungsdienst für den Gefahrgut-Einsatz trainieren. Auch in Pfullingen üben sich 30 Freiwillige im Umgang mit den speziellen Instrumenten und Fahrzeugen.
Allerdings sehen sich die Feuerwehren immer öfter mit dem Problem konfrontiert, dass Einsatzkräfte beruflich bedingt nicht schnell genug vor Ort sein können - die Tagesverfügbarkeit der Ehrenamtlichen sinkt. Um im Ernstfall genügend Kräfte vorhalten zu können, arbeiten die Feuerwehren künftig zusammen. Gemeinsam mit den ebenfalls fachkundigen Kräften der Reutlinger Berufsfeuerwehr stehen so rund 130 speziell ausgebildete Feuerwehrleute zur Verfügung. "Wir arbeiten abgestimmt zusammen und verlassen uns aufeinander", betont Reutlingens Kommandant Herrmann.
Gemeinsame Übungen, einheitliche Ausbildungen und das Ausarbeiten gemeinsamer Einsatztaktiken soll künftig für ein reibungsloses Miteinander sorgen. Zugleich wird angestrebt, durch die Kooperation Synergieeffekte zu erzielen. "Es muss nicht mehr jede Feuerwehr alles vorhalten, was im Einsatz nötig ist", sagt Herrmann. So soll nach der neuen Vereinbarung die Feuerwehr Reutlingen die Aufgabenschwerpunkte Messen und Gefahrenbeseitigung übernehmen, während die Pfullinger Wehrmänner die Dekontamination schultern.
Pfullingens Schultes Heß ist sich sicher, dass das Modell gut funktionieren wird, schließlich arbeiten die Feuerwehren bereits in vielen Bereichen zusammen - zuletzt zeigte sich das bei der Großübung im Ursulabergtunnel. "Wir sind in der Zusammenarbeit hervorragend aufgestellt", so Heß.
Im Landkreis sollen neben dem Gefahrstoffzug Reutlingen/Pfullingen noch zwei weitere, gleichwertige Einheiten im Ermstal und auf der Alb entstehen. Hier laufen derzeit die Verhandlungen. "Reutlingen und Pfullingen haben eine Vorreiterrolle übernommen, die anderen Standorte sind nicht ganz so weit", erklärte Kreisbrandmeister Wolfram Auch. Der neu gegründete Gefahrstoffzug 1 soll neben den Stadtgebieten auch Einsätze in Eningen, Wannweil, Walddorfhäslach, Lichtenstein und Sonnenbühl abdecken. Kleinere Einsätze werden dabei weiter von den jeweils zuständigen Ortsfeuerwehren abgedeckt.
Die Feuerwehren aus Reutlingen und Pfullingen arbeiten künftig noch enger zusammen
(Quelle: Reutlinger General-Anzeiger / Alexander Thomys)