Hochwasser: Bis an die Leistungsgrenze
Reutlingen:Wegen der sintflutartigen Regenfälle am Wochenende waren die Hilfskräfte pausenlos im Einsatz. Ein 46-jähriger Mann, der in die Echaz gesprungen ist, wird vermisst. Die Polizei geht von einem Suizid aus.
Das Echazufer in Höhe "Alte Feuerwache": Der Bagger hatte nach den Regenfällen alles andere als einen festen Stand. Fotograf: Joachim Baur
Vollgelaufene Keller, Wiesen als Seenlandschaften, Bäche als reißende Flussläufe, Menschen an der Stadthalle beim „Hochwasser gucken“: Die Region wurde am Wochenende vom Starkregen voll getroffen und verlangte von den über 800 Hilfskräften von Feuerwehr, Polizei, THW, Bauhöfen, TBR und Straßenmeistereien alles ab. Die nasse Nacht brachte insbesondere die Feuerwehr an die Leistungsgrenze. Kurz vor Samstagmittag wurde ein Führungsstab für die Stadt und den Kreis in der Feuerwache gebildet, der alle Einsätze und die Logistik koordinierte. Insgesamt gab es im Kreis 325 Einsätze, davon 104 im Reutlinger Stadtgebiet.
In Reutlingen mussten zwei Familien evakuiert werden, nachdem ihr Haus von den Wassermassen der reißenden Echaz unterspült wurde. Sie wurden in einem Hotel untergebracht. Obwohl an verschiedenen Stellen der Stadt über 5000 Sandsäcke das Wasser zurückhalten sollten, konnte zum Beispiel nicht verhindert werden, dass in Gönningen entlang der Wiesaz die Wassermassen in die Produktionsanlagen der Firma Mez Frintrop eindrang. Auch die Rossbergschule, die Turnhalle sowie weitere Gebäude nahmen Schaden. Die Hauptstraße in der Gönninger Ortsmitte wurde teils 40 Zentimeter hoch überflutet.
In der Innenstadt konnten die Einsatzkräfe ebenfalls nicht mehr verhindern, dass das Gebäude Lederstraße 76/1 – die Leute hat man vorsorglich evakuiert – und die Tiefgarage am Neubau der Zahnwache überflutet wurden. Wassereinbruch auch im Parkhaus Lederstraße, das Untergeschoss ließ man räumen. In Betzingen überflutete die Echaz Brücken, die dann auch sofort gesperrt wurden, Wasser drang in die angrenzenden Gebäude ein.
Am Neckar stieg der Pegel auf einen Höchststand von fast sechs Meter an. In Altenburg und Mittelstadt wurden Gebäude in nicht gekannter Höhe von den Wassermassen eingeschlossen, fünf Personen musten mit Booten von der Feuerwehr in Sicherheit gebracht werden. Gerade als es gegen 22.30 Uhr ziemlich kritisch wurde, hat man an der Lindachbrücke beobachtet, wie eine Person in die reißenden Fluten der Echaz sprang. Bei dem bis dato vermissten Mann handelt es sich laut Polizei um einen 46-Jährigen, wobei die Vermutung nahe liegt, dass er sich in selbstmörderischer Absicht ins Wasser gestürzt hat. Erste Hinweise, dass auch eine zweite Person gesprungen sei, waren falsch.
In Lichtenstein wurde ein Gebäude in Hanglage unterspült, die Holzelfinger Steige gesperrt. In Pfullingen wurde der Ursulabergtunnel wegen Wasser und Geröll ebenfalls gesperrt. Überflutungen auch in der Kurt-App-Halle und im Gymnasium, das Feuerwehrhaus drohte voll zu laufen. Halbseitig gesperrt hat man die St. Johanner Steige zwischen Eningen und Würtingen.