Stadtputzete - 3 000 freiwillige Helfer befreien die Stadt von Müll und Unrat. Vor allem Kinder sind mit Eifer dabei
Flotte Feger und Flaschen ohne Ende
Von Carina Stefak
REUTLINGEN. Ein Kaugummipapierchen hier, ein Zigarettenstummel dort, achtlos weggeworfen, weil gerade kein Mülleimer in der Nähe ist - oder man selbst schlicht zu bequem war, einen zu suchen. Gedankenlosigkeit, die nun sichtbar wird, in Form von Häufchen, Müllsäcken und Containern, die Stunde um Stunde voller werden.
Um Viertel nach zwölf am Samstagmittag zieht Jan-Uli Kilian eine erste Zwischenbilanz der elften Reutlinger Stadtputzete: »70 Säcke sind das bestimmt«, schätzt der städtische Abfallberater mit Blick auf einen halb vollen Container auf dem Gelände der Technischen Betriebsdienste (TBR). Und das ist noch längst nicht alles, immer mehr Fahrzeuge laden ab. »50 bis 100 Kubikmeter sind es meistens, die am Ende zusammenkommen«, so Kilian. »Das sind ein bis zwei Müllfahrzeuge.«
3 000 Helfer waren im Einsatz, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Schulen, Kindergärten, Vereine und andere Organisationen, aber auch zahlreiche engagierte Familien haben sich aufgemacht, um aufzuräumen. An 17 Stellen insgesamt, im Stadtgebiet und den Bezirksgemeinden. Früh um zehn war vielerorts Startschuss, einige Gruppen fingen sogar noch früher an.
Kindliche Begeisterung
Evi Brucklacher und Jasmina Cetojevic sind Mütter, die Vorbilder sein wollen. Brucklacher hat ihren Sohn Moritz mitgebracht, Cetojevic ihre Töchter Amelia und Tamea sowie ihren Neffen Samuel. Den Kleinen macht die Aktion sichtlich Spaß. Geschickt hantieren sie mit Zange und Greifer und klauben allerhand Unrat zusammen. Wer hat wie schnell wie viel gesammelt? Cetojevic freut sich über den Fleiß und hofft auf Dauerhaftigkeit: »Hoffentlich machen sie das auch noch, wenn sie älter sind.«
Für den Moment herrscht jedenfalls Begeisterung. Auch bei der Grillhütte im Reutlinger Markwasen. Dort putzt die Kindergruppe des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) Reutlingen, unterstützt von OB Barbara Bosch. »Die Kinder sind ganz heiß drauf, aufzuräumen«, sagt Sabine Merkens vom BUND und wie bestellt bestätigt Luca: »Das ist besser, als Zimmeraufräumen!« Und das, obwohl's bei der Grillhütte sicher mehr zu tun gibt, als in den heimischen vier Wänden.
Schnaps, Bier und Wodka - was vom Feiern übrig bleibt, landet im Bach und in Büschen: »Flaschen ohne Ende«, stöhnt Merkens, volle, leere, halb leere, zerbrochene. Letzteren gilt ihr Augenmerk besonders, »sonst verletzen sich die Tiere, wenn sie mit ihren Pfoten reintapsen«. Maja schnuppert an einer Wodkaflasche. »Igitt!« lautet ihr Fazit, der Inhalt wird weggekippt. Die Flasche landet im Wagen, bei den anderen. Wenig später findet sie einen ganzen Kasten.
Ihr Zwillingsbruder Thorben schleppt ein Handy an, das seine Schwester im Bach gefunden hat. Lädiert wie es ist macht es keinen Mucks mehr, aber »vielleicht kann man es reparieren«, überlegt der Neunjährige und denkt laut an Papa. Nach anderthalb Stunden werden manche müde und verlieren langsam die Lust. »Das macht keinen Spaß, bei dem, was hier so alles rumliegt«, findet Lisa. Aber sie macht trotzdem weiter. Belohnt wird ihre Mühe schon kurze Zeit später: beim Mittagessen bei den Technischen Betriebsdiensten, Am Heilbrunnen 107. Nach einer Stärkung geht es auf die Hüpfburg, und dafür hat dann wieder jeder Energie. Jan-Uli Kilian ist zufrieden, wie auch TBR-Betriebsleiter Hans Fröb: »Noch nie waren so viele Kinder dabei.« Kilian erinnert an den Fotowettbewerb, bei dem die witzigsten Bilder der Flotten Feger preisgekrönt werden: Einsendungen per E-Mail an die Stadt. (GEA)